Atem und Entwicklung

Gedanken zum Atemgeschehen

Heute wird das Wort „Atem“ in abstrakter Weise benutzt oder als Synonym lebendiger Entwicklungsprozesse, austauschbar im übertragenen Sinne. In der Luther-Übersetzung wird noch von „Odem“ gesprochen, der dem Menschen eine lebendige Seele einhaucht. Wir atmen seit unserer Geburt – die Atmung ermöglicht das Leben auf dieser Erde! Erst wenn wir beginnen, Ich zu sagen, beginnt die innere Entwicklung des Atems – das ist etwas anderes! Luft wird zu Erfüllendem, zu Substanz!

Die Besonderheit des unmittelbar erfahrenen inneren Atems ist die, dass sich Zukünftiges offenbaren will. „ICH“ – das ist immer Jetzt! Es liegt an mir selbst, wie ich zu meinem inneren Atem in Beziehung trete: „Bin ich bereit hinzulauschen oder bin ich fähig, Botschaften zu hören?“ Diese Frage ist berechtigt! Der entwickelte Atem kann zum Souverän werden, der mich leitet – er ist die Brücke zwischen der diesseitigen und der jenseitigen Welt. Er verbindet beide Welten. Meine bewusste Einstellung ist gefordert: denn „Ich atme!“  Das lerne ich durch Achtsamkeit und Schulung tiefer wahrzunehmen und zu erfahren. Übungen dienen dazu, den anfangs unbewusst laufenden Atem so zu entwickeln, ihn kennenzulernen, dass ich ihn ins Bewusstsein heben kann – und gleichzeitig mache ich mich empfänglich für das, was er mitzuteilen hat. Das ist komplex! – „Gelingt mir diese innere Verbindung in Hingabe an meinen Tiefenatem? Bin ich es, der (oder die) atmet?“

Neue Erfahrungsräume öffnen sich! Das normale alltägliche Leben wird schöpferisch bereichert durch das erweiterte Bewusstsein. Da erscheint etwas, was neu ist: ein neuer Gedanke, eine gelungene Tat, plötzlich taucht ein neues Wort auf, das mir selbst das eigene Erleben deutlich und anschaubar macht. Dann wird Schmerz, eine Krankheit, ein Hindernis im Lebensstrom nicht mehr so dominant sein, dass es mich gefangen nimmt! Ich sehe plötzlich Möglichkeiten, die weiterführen – Hoffnung ist geweckt! Ich werde zu einem Fortschritt geführt, den ich schöpferisch mitgestalten darf. „Woran erkenne ich das Schöpferische?“ – Das tägliche Leben wird so ergänzt, wie ich das bisher nicht für möglich hielt! Vieles erscheint dabei doch so vertraut…! Im Grunde verlieren wir unseren göttlichen Ursprung nie…

Oktober 2025